Das Bild zeigt einen Schriftsteller in seiner ärmlichen Dachstube. Das enge Zimmer wird links von einem kleinen Fenster beleuchtet. Rechts sind die Sparren des Hausdachs, an dem ein Regenschirm hängt, der die Schlafstelle vor der durch das Dach tropfenden Feuchtigkeit schützt. Am rechten Bildrand ist die Zimmertür zu erkennen. Gegenüber der Tür, am linken Bildrand, befindet sich ein grüner Kachelofen ohne Feuer darin. Der dargestellte Schriftsteller besitzt kein Bett. Stattdessen liegt an der Wand eine Matratze auf dem Boden, auf der der arme Poet in einem Schlafrock, mit einer Schlafmütze auf dem Kopf liegt. Auf seinen Knien hält er mit der linken Hand einige Manuskriptseiten. Mit der rechten Hand hält er etwas zwischen Daumen und Mittelfinger fest, das er durch seine Brille hindurch fixiert. Vor der Matratze stehen und liegen dicke Bücher sowie zwei Schachteln, auf denen ein Tintenfass steht. Auf dem Rücken des aufrecht stehenden Buchs ganz rechts stehen die lateinischen Worte: „Gradus ad Parnassum“ (deutsch: „Stufen zum Parnass“), was entweder der Titel des im Jahr 1725 herausgegebenen theoretischen Hauptwerks des österreichischen Komponisten Johann Joseph Fux oder – im Kontext dieses Bildes näherliegend – der von dem Jesuiten Paul Aler in Köln 1702 veröffentlichten Anleitung zum Verfassen lateinischer Verse ist. An die Wand malte der Dichter mit roter Farbe wahrscheinlich das Versmaß des Hexameters. Auf dem grünen Kachelofen steht eine Kerze in der Flasche, daneben die Waschschüssel, an einer Wäscheleine darüber hängt ein Handtuch. Am nicht beheizten Ofenrohr hängt ein Zylinderhut. Im Ofenloch stecken Papierblätter, die wohl zu den Papieren gehören, die vor dem Ofen liegen und die, ebenfalls lateinisch, mit „Operum meorum fasciculum III“ (deutsch: „Das dritte Bündel meiner Werke“) beschriftet sind. Vor dem Ofen liegen außerdem noch ein einzelner Stiefel und ein Stiefelknecht. Links vom Ofen steht ein Mustopf, an der Wand daneben hängt der Ausgehrock und ganz links am Bildrand lehnt der Spazierstock an der Wand. Hinter dem Fenster sind verschneite Dächer. Ein Hinweis darauf, dass es kalt ist. Der Dichter jedoch ist so arm, dass er im Bett liegen bleibt, um sich wenigstens ein bisschen warm zu halten. Heizen kann er nur, wenn er seine Werke verschürt.
Lange wurde gerätselt, was der Poet mit den Fingern der rechten Hand macht. Eine naheliegende Vermutung ist, dass er einen Vers skandiert. Nach einer anderen Interpretation zerdrückt er zwischen seinen Fingern einen Floh – womit Spitzweg ironisch die Diskrepanz zwischen dem Anspruch des Dichters und der Wirklichkeit darstellen würde.
Das Thema „Künstler in ärmlichem Zimmer“ wurde schon vor Spitzweg behandelt. Der britische Maler William Hogarth war der erste, der dieses Sujet im Jahr 1736 behandelte. William Turner griff das Thema im Jahr 1809 auf. Der italienische Künstler Tommaso Minardi malte in dieser Manier ein Selbstporträt. Honoré Daumier hat mit Poète dans la mansarde (1842) und Locataires et Proprietaires: Brigand de proprietaire (1847), offensichtlich beeinflusst von Spitzweg, das Thema in zwei Varianten aufgegriffen. Auch auf der Bühne gab es arme Dichter. Von August von Kotzebues Schauspiel Der arme Poet aus dem Jahr 1812 hatte Spitzweg vermutlich den Titel entlehnt.
Der arme Poet ist das früheste Meisterwerk Spitzwegs. Als Vorbild diente ihm – dem heutigen Stand der Forschung zufolge – der von 1722 bis 1782 in München lebende und zumeist finanzielle Not leidende Dichter Mathias Etenhueber. Es gibt drei fertig ausgeführte Fassungen (alle 1839): Die mutmaßliche Erstfassung befindet sich in Privatbesitz und hing früher als Leihgabe im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, die heute bekannteste Version befindet sich in der Neuen Pinakothek. Diese bekam das Bild 1887 als Schenkung des Neffen Spitzwegs. Eine weitere Version befand sich in der Nationalgalerie Berlin: Dieses Bild war 1976 Gegenstand einer politischen Kunstaktion von Frank Uwe Laysiepen (auch als Ulay bekannt): Er stahl das Bild, gab es aber nach wenigen Stunden zurück. Am 3. September 1989 rissen es Kunsträuber zusammen mit Spitzwegs Werk Der Liebesbrief von der Wand und brachten es mit Gewalt aus dem Schloss Charlottenburg. Beide Bilder sind bis heute nicht wieder aufgetaucht.
1839 gab Spitzweg es zur Ausstellung im Münchener Kunstverein frei. Es erhielt scharfe Kritik, u. a. wurde der „beabsichtigte Witz“ als „stimmungslos und fade“ bezeichnet. Das Bild wurde als befremdlich wahrgenommen und man lehnte es geschlossen als Verhöhnung der Dichterkunst ab.
Die früheste Ölskizze (1837) wurde im Januar 2012 bei Sotheby’s in New York für 542.500 US-Dollar versteigert und befindet sich jetzt im Grohmann Museum in Milwaukee.
Die ersten Kritiken für den armen Poeten waren so schlecht, dass Spitzweg seine Bilder fortan nicht mehr mit seinem Namen, sondern lediglich mit seinem Monogramm, einem stilisierten Spitzweck (einem rautenförmigen Brötchen) signierte.
Eine Umfrage zu Beginn des 21. Jahrhunderts ergab, dass Der arme Poet – gleich nach Leonardo da Vincis Mona Lisa – zu den beliebtesten Bildern der Deutschen zählt. Die deutsche Post widmete dem Gemälde 2008 eine Sonderbriefmarke.
Der arme Poet ist das bekannteste und beliebteste Bild des deutschen Malers Carl Spitzweg.
Franz Carl Spitzweg wurde am 05. Februar 1808 in München geboren und verstarb am 23. September 1885. Er war ein deutscher Maler und Zeichner der Spätromantik und des Biedermeiers.
Obwohl sich sein künstlerisches Talent schon früh ankündigte (erste Zeichnung aus dem Jahr 1823), war Carl Spitzweg folgsam und begann im Jahre 1825 seine Lehrzeit unter dem Principal Franz Pettenkofer in der Königlich-Bayrischen Hofapotheke in München. Am 1. Dezember 1828, in Carls letztem Lehrjahr, starb sein Vater.
1829 arbeitete er in der Löwenapotheke der Stadt Straubing, wo er ein Jahr zusammen mit Theaterleuten und Malern verlebte.
Carl Spitzweg begann 1830 mit dem Studium der Pharmazie, Botanik und Chemie an der Münchner Universität, das er 1832 mit Auszeichnung abschloss. Er war nun als praktischer Apotheker zugelassen und arbeitete als solcher u. a. auch in der Stadtapotheke in Erding. 1833 brach Spitzweg seine Apotheker-Laufbahn ab. Während eines Kuraufenthaltes in Bad Sulz (Peißenberg) nach einer Krankheit fasste er den Entschluss, sich hauptberuflich der Malerei zu widmen.
1835 wurde er Mitglied des Münchner Kunstvereins. Carl Spitzweg hat nie eine Akademie besucht, er war Autodidakt. Es folgten Reisen nach Dalmatien (1839), nach Venedig (1850) und mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich nach Paris, London (zur ersten Weltausstellung) sowie auf dem Rückweg nach Antwerpen (1851), nach Frankfurt am Main und Heidelberg.
Seit 1844 war er Mitarbeiter der Fliegenden Blätter, die er mit zahlreichen humoristischen Zeichnungen versah.
Kurz nach dem Tod seines jüngeren Bruders starb Carl Spitzweg am 23. September 1885 im Alter von 77 Jahren an einem Schlaganfall, man fand ihn zurückgelehnt in seinem Stuhl in seiner Münchner Wohnung. In München wurde er auch begraben.
Carl Spitzweg schuf über 1500 Bilder und Zeichnungen. Ab 1824 begann er mit Ölfarben zu malen. Zu Lebzeiten konnte Spitzweg etwa vierhundert Gemälde verkaufen. Bewunderer und Käufer fand er vor allem in der zu neuer Kaufkraft gelangten Bürgerschaft, wenngleich die Popularität, die Spitzwegs Malerei heute genießt, erst nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte.
Sein Malstil gehört der Spätromantik an. Anfangs war Spitzweg noch der biedermeierlichen Richtung verbunden, später lockerte sich seine Malweise auf, dem Impressionismus sehr nahe. Bereits während seiner Jugend zeichnete Spitzweg viel; auch während seiner Arbeit in der Apotheke zeichnete er die Köpfe der wirklichen und eingebildeten Kranken, Jungen und Alten, sowie die Originale der Kleinstadt Straubing. An diesem idyllischen Städtchen gefiel Spitzweg besonders das malerische Kleinstadtbild mit den engen Gassen und zierlichen Erkern, die Türmchen, Brunnen und Steinfiguren. Immer wieder kommen diese Motive in seinen Bildern vor.
Spitzweg stellte Menschen in ihrem zeitbedingten bürgerlichen Milieu dar. Er schildert auf kleinformatigen Bildern das biedermeierliche Kleinbürgertum, die kauzigen Sonderlinge und romantische Begebenheiten. Zwar stellte er menschliche Schwächen dar, jedoch nicht das Verruchte oder das Gemeine; alles Derbe war Spitzweg fremd. Der arme Poet – das bekannteste und beliebteste Bild Spitzwegs überhaupt – stammt aus dem Jahre 1839. In dem Bild Der Kaktusliebhaber zeigt Spitzweg den Büromenschen vor seiner Lieblingspflanze, dem Kaktus. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch Gemälde wie Beim Antiquar, Schildwache am Tor, Der Sterndeuter, Der Alchimist, Der Bücherwurm, Ein Besuch, Abschied oder Der Bettelmusikant.
Durch die Freundschaft mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich, mit dem er viele Reisen unternahm, rückte die Landschaft stärker in sein Bewusstsein. Mit Natur- und Farbsinn malte er grandiose Bergmassive und deren freie Weite, romantische Waldwinkel, die grüne Hochebene mit Wald, Wiese und Erntefeld – zumeist bei schönem Wetter; er stellte lieber das Licht dar. Als Beispiele lassen sich Am Ammersee, Heuernte im Gebirge und Fahrendes Volk nennen.